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Tätigkeitsbericht vom 12. Juni 2023

Die Schweizerische Lungenstiftung kann 2023 bereits auf 35 Jahre erfolgreiche Tätigkeit für gesunde Lungen und saubere Luft zurückblicken.

Aus Dankbarkeit über die Unterstützung seines Medizinstudiums durch ein Stipendium des Kantons Zürich und die grosse Chance einer von der Stadt New York bezahlten zweijährigen Weiterbildungsstelle zum Lungenarzt am Bellevue Hospital wollte Otto Brändli davon etwas für die Aus- und Weiterbildung von Lungenärzten und für die Lungenkranken »zurückgeben». Er konnte dazu auch die ihm als Präsident der Zürcher Lungenliga zustehende Entschädigung und seine Nebeneinnahmen als Chefarzt in der Zürcher Höhenklinik Wald für gesunde Lungen einsetzen.

Nach seinem Entscheid nach einer «Midlife-Krise» im Jahre 1986, weiter als Chefarzt in Wald zu arbeiten und nicht mehr zurück ans Universitätsspital nach Zürich wechseln, liess er deshalb diese gemeinnützige Stiftung errichten.

Die Aufbauphase

Mit Hilfe des Rechtsanwalts Dr. Caspar Hürlimann beurkundete er am 28. April 1988 in Zürich die Stiftung mit dem ursprünglichen Namen „Pro Pulmone“, lateinisch „für die Lunge“.

Die Stiftung hat bis heute den Zweck „Lungenkrankheiten zu verhüten, zu bekämpfen und zu erforschen, zum Wohl der Allgemeinheit wie auch einzelner Betroffener“.

Das von Otto Brändli gestiftete Grundkapital von 5000 Franken wurde in den darauffolgenden Jahren mit seinen Nebeneinnahmen von Privatpatienten und für Fachreferate sukzessive weiter vermehrt. Die Stiftung wurde anfänglich von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, seit 2011 vom Departement des Inneren in Bern beaufsichtigt und als steuerbefreit anerkannt.

Von Anfang an halfen dabei im Stiftungsrat Dr. Caspar Hürlimann als Vizepräsident und Raymond Wegmann als Quästor sowie Dr. Martin Müller als Revisor mit. Letzterer wurde 1993 durch Hans Kurmann, Ottos Kameraden aus der Rekrutenschule von 1962 in Frauenfeld und Bankier, ersetzt.

Die Homepage www.propulmone.ch wurde 1999 erstmals aufgeschaltet. Marcel Würsch betreut sie seither sorgfältig gegen ein bescheidenes Entgelt weiter.

Der lateinische Name «Pro Pulmone“ fand jedoch nicht genügend Beachtung. Der neue Name Schweizerische Lungenstiftung «Swiss Lung» und die Adresse www.swisslung.org waren viel interessanter. Deshalb beschloss die Stiftung im Jahre 2003 diese Namensänderung und gleichzeitig die Fusion mit der Hannah Lasch Stiftung.

Hannah Lasch war die Sekretärin von Brändlis Vorgänger in Wald Prof. Eduard Haefliger. Bei ihrem Tod 1958 hatte sie Haefliger 60‘000 Franken für eine Stiftung zur Förderung der Tuberkuloseforschung vermacht. Er legte diese Summe gewinnbringend an, so dass 2003 bereits ein Stiftungsvermögen von 315‘000 Franken zur Verfügung stand. Prof. Haefliger hatte auf sein Vorrecht verzichtet, davon jährlich 1000 Franken zum Kauf von Büchern zu beanspruchen. Damit stand auch bei der Aufsichtsbehörde einer Fusion mit Swiss Lung nichts mehr im Wege, zumal Otto Brändli inzwischen auch zum Nachfolger als Präsident dieser Hannah Lasch Stiftung gewählt worden war.

Als weitere Stiftungsräte von Swiss Lung wurden Beat Honegger, Dr. Jakob Walter und mein früherer Oberarzt und Hausarzt Dr. Pieter Langloh gewählt, letzterer als neuer Vizepräsident, später noch Hans Scherrer als neuer Quästor.

Ende 2007 betrug das Vermögen von Swiss Lung erstmals über eine Million Franken. Die Performance der Anlagen bei der ZKB unter den wachsamen Augen unserer Quästoren Raymond Wegmann und Hans Scherrer hat bis heute im Mittel über 3% jährlich betragen.

Neue Vorschriften zwangen auch, anstelle der bisher ehrenamtlichen, zur Wahl einer professionellen Revision durch die Budliger Treuhand AG und heute die RevConsult Treuhand AG. 

 

Was tut die Lungenstiftung?

Nach einer längeren Aufbauphase unterstützt Swiss Lung seit 1995, ohne Rücksicht auf schwankende Vermögenserträge oder fehlende weitere Zuwendungen, jedes Jahr mehrere eingehende Gesuche und auch grössere Projekte, darunter auch einige von den Stiftungsräten selbst initiierte. Entscheide darüber werden während des ganzen Jahres auf dem Korrespondenzweg unbürokratisch gefällt oder an der einmal jährlich einberufenen Stiftungsratssitzung bewilligt.

Die Gesuche können in die folgenden fünf Bereiche eingeteilt werden:

  1. Karriereförderung von Medizinalpersonen
  2. Forschungspreise
    -Ewald-Weibel Förderpreis
    -Swiss Aerosol Award
    -Swiss TB Award
  3. Startkapital für Forschung und Innovation
  4. Publikation von Sachbüchern
  5. Andere, wie auch die Unterstützung von Kranken

 

1. Karriereförderung

Unterstützung von Forschenden

Bereits im Juni 1994 wurde erstmals ein Forschungsstipendium für Dr.med. Karl Klingler bewilligt. Er publizierte während seines zweijährigen Aufenthalts am Bellevue Hospital in New York insgesamt acht Abstracts und zwei Originalarbeiten auf dem Gebiet der Tuberkuloseforschung und wurde nach seiner Rückkehr in die Schweiz Oberarzt in der Höhenklinik in Wald. Heute ist er als Lungenarzt am Lungenzentrum Hirslanden tätig.

Ein nächster Beitragsempfänger war Dr.med. Nino Künzli, welchen wir als den wichtigen ersten Koordinator der SAPALDIA-Kohortenstudie 1996 während seiner PhD- Dissertation (zusätzlich zu seiner Medizinerausbildung) an der School of Public Health der Universität Berkeley in Kalifornien unterstützten. 2009 wurde er, nach weiteren Tätigkeiten in Los Angeles und Barcelona, zum Ordinarius für Sozial- und Präventivmedizin an der Uni Basel gewählt und als Vizedirektor des Schweizerischen Tropen- und Public Health Instituts zurück nach Basel berufen. Er ist heute einer der bestbekannten Schweizer Forscher auf dem Gebiet von Luftverschmutzung und Gesundheit und hat Swiss Lung viele gute Projekte und Ideen gegeben.  

Als nächste Stipendiatin wurde Frau Dr.med. Silvana Rampini Speck von 2003 bis 2005 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Mikrobiologie in Zürich unterstützt. Sie ist inzwischen Leitende Ärztin und Privatdozentin für Infektionskrankheiten und leitet auch den Personalärztlichen Dienstes des Universitätsspitals Zürich (USZ).

Eine weitere Infektiologin Frau Dr.med. Beatrice Lüthi wurde 2009 für einen Forschungsaufenthalt am Tygerberg Spital in Kapstadt unterstützt. Sie leitete später ein AIDS-Programm von Médecins Sans Frontières in Südafrika und arbeitet heute in Solothurn.

Ihr bis dahin grösstes Engagement ging Swiss Lung 2006 mit Prof. Jeffrey Sachs am Earth Institute der Columbia Universität in New York ein:

Insgesamt 200‘000 US$ bezahlte sie dort für das Salär von Dr. Yanis Ben Amor, einem Mikrobiologen Schweizer und Tunesischer Herkunft, für seinen Einsatz in den «Millennium Villages» von 2006 bis 2011. In den acht ärmsten Regionen Afrikas mit je über 35‘000 Einwohnern war er für die Tuberkulose- und später auch AIDS- und Malaria-Bekämpfung verantwortlich. Zusammen mit dem Pneumologen Prof. Neil Schluger von der Columbia Universität konnte Otto Brändli nach seiner Pensionierung Ben Amors Arbeit in New York mitverfolgen. Yanis Ben Amor ist heute dank unserer Unterstützung amerikanischer Staatsbürger und Assistenz-Professor für Global Health and Microbiological Sciences am Center for Sustainable Development am Earth Institute der Columbia Universität.

Im Jahre 2017 unterstützte Swiss Lung auch Frau Dr.med. Esther Schwarz bei ihrem 2-jährigen Forschungsaufenthalt in London. Zurück in Zürich wurde sie Privatdozentin auf dem Gebiet der Schlafmedizin und Stellvertretende Direktorin der Klinik für Lungenkrankheiten am USZ.

 

Die East African Training Initiative

2013 startete ein eigenes grosses Projekt, die East African Training Initiative in Äthiopien, zusammen mit Prof. Neil Schluger von der Columbia Universität, der «World Lung Foundation» und heute mit deren Nachfolgeorganisation «Vital Strategies» in New York:

Auf Anregung der äthiopischen Ärztin Frau Dr. Asqual Getaneh, welche Otto Brändli bei seinen längeren Aufenthalten nach der Pensionierung in New York kennen gelernt hatte, werden seit 2013 Lungenärzte für Äthiopien in ihrem eigenen Land weitergebildet. Das heute 120 Millionen-Volk mit vielen Lungen- und Tuberkulose-Kranken hatte damals keinen einzigen Lungenarzt mehr im öffentlichen Gesundheitssystem für das ganze Land. Deshalb wurde dort zusammen mit dem Gesundheitsminister und der Universität in der Hauptstadt Addis Ababa ein zweijähriges Ausbildungsprogramm neu aufgebaut.

Jedes Jahr werden seither zwei bis fünf Internisten im Universitätsspital von Addis Abeba unter Anleitung von durch Swiss Lung finanzierten Lehrärzten aus den USA und auch aus der Schweiz zu Lungenärzten weitergebildet.

Otto Brändli konnte sich beim Start des Programms im Januar 2013 selbst vergewissern, dass gute Aussichten für einen Erfolg dieses vorerst erst auf drei Jahre angelegten Projekts bestanden. Swiss Lung beteiligte sich anfänglich mit 50‘000 US$ pro Jahr. Das Projekt wird heute finanziell von «Vital Strategies» mit Mitteln des früheren Bürgermeisters von New York und Philanthropen Mike Bloomberg mitgetragen und steht weiter unter der Leitung von Prof. Neil Schluger

(im Bild unten links zusammen mit Dr. Asqual Getaneh; rechts Otto Brändli bei Krankenvisiten im Tikur Anbessa Hospital in Addis):

Mike Bloomberg mit Dr. Asqual Getaneh   Otto Brändli bei Krankenvisiten im Tikur Anbessa Hospital in Addis

 

Hier Auszüge aus dem Bericht von Otto Brändli über seinen Besuch in Addis Ababa im Jahr 2013:

«Es ist tagsüber heiss, bis 27 Grad, und sehr, sehr staubig in Addis. Wegen eines Treffens der Staatsoberhäupter Afrikas sind die wenigen asphaltierten Strassen hoffnungslos verstopft. Der Weg ins Spital führt zuerst am Hilton Hotel und dann am Palast des Premierministers vorbei. Mitten in der Stadt in einem heruntergekommenen Park in Erinnerung an die italienische Besetzung im 2. Weltkrieg steht das 8-stöckige Black-Lion-Spital (Tikur Anbessa Hospital genannt), das grösste öffentliche und zugleich Universitätsspital Äthiopiens. Dort werden wir ein Ausbildungsprogramm für Lungenärzte etablieren, da es davon im ganzen Land an öffentlichen Spitälern keine mehr gibt.

Der Notfalleingang ist belagert von Dutzenden von wartenden Menschen. Der Nebeneingang für Ärzte wird gerade zum Abladen von grossen Sauerstoffflaschen gebraucht, daneben steht ein Lastwagen mit veralteten Medizinbüchern zum Entsorgen. Die Ärzte kommunizieren heute auch hier mit ihren Handys miteinander und beziehen ihre Informationen aus dem Internet. Die Krankengeschichten sind noch papieren, werden aber in Englischer Sprache geführt.

Das erste grosse Problem in der Poliklinik, wo wir heute starten: Datum und Zeit sind völlig ungewohnt. Der Kalender der orthodoxen Kirche hier ist 5 Jahre hinter unserem zurück, er bezieht sich angeblich auf das richtige Datum von Christi Geburt. Und die Tageszeit beginnt mit Sonnenaufgang, hier nahe beim Äquator etwa um 0600 Uhr, 12 Uhr ist also erst 6 Uhr. Das macht die Arbeit zum Beispiel mit Röntgenaufnahmen nicht einfacher!

Die ersten hier von uns auszubildenden Lungenärzte heissen Fahmi (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) und Tola (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Man spricht sich hier nur mit dem Vornamen an. Sie stammen aus verschiedenen Regionen des grossen Landes, Tola vom Osten ist Christ, Fahmi ist Muslim – hier kein Problem deswegen. Sie verdienen allerdings als ausgebildete Spitalärzte nur etwa 225 Franken pro Monat, was für eine Familie hier in der Grossstadt nicht ausreicht. Deshalb arbeitet Tola ‘s Frau als Pflegefachfrau, und konnte der dritte Kandidat seinen Ausbildungsplatz leider hier nicht antreten. Wir verhandeln mit dem Gesundheitsminister über Wohnungszulagen, bisher ohne Erfolg.

Dieser, Dr. Tedros Ghebreyesus, war bei der Eröffnungszeremonie unseres Lungenärzte-Ausbildungsprogramms persönlich anwesend. Dr. Tedros wurde später auch Aussenminister von Äthiopien und wurde 2017 bis heute zum Direktor der WHO in Genf gewählt. Er bedankte sich für die Unterstützung durch die Swiss Lung Fundation und die World Lung Fundation, die zusammen das Programm sponsern, und wies darauf hin, dass er solche Leitende Ärzte für die 20 geplanten, neuen medizinischen Fakultäten im 100 Millionen-Land dringend benötige! Dr. Yewondewossen Tadesse, der Chairman der medizinischen Klinik, ist uns ausserordentlich gut gesinnt und sehr hilfreich, was den Start enorm erleichtert hat.»

Bis heute wurden dank diesem Programm mehr als 20 Lungenärzte darunter fünf Frauen «promoviert» und sind – zu unserem grossen Glück – alle (bis auf einen, Dr. Tewedros Haile, der wegen dem Krieg in der Tigray-Region in die USA fliehen musste) weiterhin in Äthiopien tätig geblieben, obwohl sie so gut ausgebildet sind, dass sie anderswo zum Beispiel in Südafrika oder in den USA sehr viel mehr Geld verdienen könnten:

Die «Ehemaligen» mit den drei jüngsten Absolventen mit ihren runden Diplomen im Oktober 2020 an der Promotionsfeier in Addis Ababa

Die «Ehemaligen» mit den drei jüngsten Absolventen mit ihren runden Diplomen im Oktober 2020 an der Promotionsfeier in Addis Ababa

 

«Unsere» Lungenärzte nehmen heute im Universitätsspital Tikur Anbessa aber auch bereits in mehreren anderen Spitälern, in der Hauptstadt und in den Provinzstädten wie Mekelle und Bahir Dar, verantwortungsvolle Posten ein. Inzwischen wurde eine von ihnen, Frau Dr. Hanan Yusuf, zur medizinischen Direktorin des gesamten Universitätsspitals ernannt und hat Dr. Dawit Kebede (ganz rechts im Bild) die Leitung der Pneumologie dort übernommen. Mit Dr. Aschalew ist ein weiterer Pneumologe im äthiopischen Gesundheitsministerium in aussichtsreicher Funktion tätig.

Seit 2020 wird mit dem «Critical Care and Pulmonary Research Institute of Ethiopia (CAPRIE) unter der Leitung von Prof. Schluger auch Forschung im Universitätsspital in Addis möglich und von einem Datenspezialisten dort organisiert und mit zusätzlichen privaten Stiftungsgeldern aus den USA finanziert.

Dank den hier ausgebildeten Lungenärzten und der von ihnen gegründeten Ethiopian Thoracic Society (ETS) hat Äthiopien auch eine der strengsten Anti-Tabak Gesetzgebungen weltweit und rauchen dort erst wenige Menschen.

Swiss Lung half auch beim Kauf von Schutzmaterial während der Covid-Pandemie, mit Lungenfunktionsmessgeräten aus der Schweiz und neu mit Wohnungszulagen in Addis für Ärzte mit ihren Familien aus Provinzstädten weiter.

EATI konnte am 10. Februar 2023 sein 10-jähriges Jubiläum feiern und ist damit ein Beispiel für ein erfolgreiches Entwicklungsprogramm für ganz Afrika geworden!

Für 2023 mussten aus mehreren Bewerbern 4 Kandidaten ausgewählt werden, darunter auch zwei aus den Nachbarländern Kenia und Rwanda.

Das Projekt und seine Publikationen finden international Beachtung:

Sherman CB, Carter EJ, Braendli O, Getaneh A, Schluger NW: The East African Training Initiative. A Model Training Program in Pulmonary and Critical Care Medicine for Low-Income Countries.  Ann Am Thorac Soc 2016; 13: 452-455

Schluger NW, Sherman CB, Binegdie A, et al.: Creating a specialist physician workforce in low resource settings: reflections and lessons learnt from the East African Training Initiative. BMJ Glob Health 2018; 3: e001041. doi:10.1136/ bmjgh-2018-001041

 

Hier eine Liste der bis zum Oktober 2020 in Addis ausgebildeten Lungenärzte:

Bild4

 

 

Lungen-Forschung und -Ausbildung in Kirgistan

Seit 2014 unterstützt Swiss Lung ein weiteres Ärzte-Fortbildungs- und Forschungsprogramm in Kirgistan unter der Leitung von Prof. Konrad Bloch.

Er hat dafür 2016 am europäischen Lungenärztekongress ERS eine Auszeichnung für sein „HERMES Curriculum for Respiratory Physicians in Kyrgystan, Central Asia“ erhalten und organisiert einen regelmässigen Austausch von Ärzten zwischen den Universitätsspitälern in Zürich und in Bischkek, der Hauptstadt von Kirgistan. Er betreibt dort mit seinem kirgisischen Partner Prof. Talant Sooronbaev höhenmedizinische Forschung und Ausbildung mit einer Aussenstation in Thuja Ashu auf 3200 Metern:

HERMES Curriculum for Respiratory Physicians in Kyrgystan, Central Asia

In einem von ihm dort renovierten „Sanatorium“ werden 120 kirgisische Lungenkranke mit modernsten Untersuchungsmethoden untersucht und Behandlungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Gabe von Kortison oder Diamox, in dieser Höhe geprüft. Die Ergebnisse dieser Studien sind neuartig und relevant für die Praxis, da bisher lediglich Daten über die Prävention von Höhenkrankheiten bei jungen gesunden Personen verfügbar waren.

Furian M, Mademilov M; Buergin A, et al, Sooronbaev TM, Ulrich S, Bloch K: Acetazolamide to Prevent Adverse Altitude Effects in COPD and Healthy Adults; NEJM Evid 2021; 1(1) DOI: https://doi.org/10.1056/EVIDoa2100006

Mit zweckgebundenen Spenden unterstützen die Löwenstein Medical Schweiz AG und der mit Prof. Bloch befreundete Sponsor Hans von Mandach dieses Forschungsprojekt weiter.

Otto Brändli hatte Gelegenheit, die erfolgreiche kirgisisch-schweizerische Forschungs-Equipe bei einem kurzen Besuch im Juli 2015 mit eigenen Augen zu sehen:

Die erfolgreiche kirgisisch-schweizerische Forschungs-Equipe bei einem kurzen Besuch im Juli 2015

das Team mit Prof. Konrad Bloch (5.von links) neben Otto Brändli, Prof. Erich Russi und Prof. Talant Sooronbaev (mit rotem Pullover und Mütze)

Wegen der Corona-Pandemie war 2020 kein Aufenthalt von Schweizern in Kirgistan möglich. Die Zeit wurde jedoch für die Analyse der grossen Datenmenge genutzt, die in den erwähnten Studien gesammelt wurde. Seit Mai 2021 sind wieder 10-16 Mitarbeiter des Teams in Kirgistan im Rahmen weiterer Projekte tätig.

Frau Prof. Silvia Ulrich (ganz links im Bild) hilft mit bei der Weiterbildung von kirgisischen Ärzten und ihren Mitarbeitenden

Auch die Klinikdirektorin der Pneumologie im USZ Frau Prof. Silvia Ulrich (ganz links im Bild) hilft mit bei der Weiterbildung von kirgisischen Ärzten und ihren Mitarbeitenden

 

2. Forschungspreise

Ewald Weibel Förderpreis für Lungenforschung in der Schweiz

Ursprünglich hatte Otto Brändli 2015 die Idee, im Bellevue Hospital in New York zu Ehren von Prof. Ewald R. Weibel, des wohl bekanntesten Schweizer Forschers auf dem Gebiet von Lunge und Atmung, ein Labor dort nach ihm zu benennen. Weibel hatte dort im Labor des Nobelpreisträgers André Cournand seine bahnbrechende Publikation über die Morphometrie der menschlichen Lunge erarbeitet.

Während seines Besuches 2015 in Kirgistan, zusammen mit Prof. Max Gassmann, dem Physiologen der Vetsuisse Fakultät in Zürich, entschloss Brändli sich, stattdessen den ehrwürdigen 150 Jahre alten Anatomie-Hörsaal in Bern nach Ewald Weibel benennen zu lassen. Er war dort Professor für Anatomie und auch Rektor der Universität Bern gewesen und ist kurz darauf 2019 leider verstorben.

Zusätzlich stiftete Swiss Lung 2016 mit einem einmaligen Beitrag von 30‘000 Franken einen Förderpreis mit seinem Namen, zusammen mit Mitteln der Universität Bern und von Prof. Weibel selbst. Dieser wurde bisher viermal vergeben: 2017 an Frau Prof. Claudia Kühne, 2018 an Frau Prof. Daiana Stolz, 2020 an Frau Prof. Silvia Ulrich und 2022 an Frau Prof. Manuela Funke-Chambour, die alle inzwischen bereits Direktorinnen von pneumologischen Kliniken geworden sind oder demnächst sein werden.

Also auch eine erfolgreiche Karriereförderung für Frauen in der Medizin!  

Frau Prof. Silvia Ulrich mit Prof. Max Gassmann und Otto Brändli bei der Preisverleihung 2020 in der ETH in Zürich

Frau Prof. Silvia Ulrich mit Prof. Max Gassmann und Otto Brändli bei der Preisverleihung 2020 in der ETH in Zürich

 

Swiss Aerosol Award

Seit 2011 vergibt Swiss Lung einen jährlichen Preis in der Höhe von 5000 bis 10‘000 Franken für die beste wissenschaftliche Publikationen auf dem Gebiet der Aerosol-Forschung in der Schweiz. Er wird jeweils im November anlässlich der Jahrestagung der Swiss Aerosol Group vor vielen jungen Forscherinnen und Forschern übergeben. Die Namen der bisher 17 Preisträger mit der Medienmitteilung und den Publikationsangaben sind unter https://swisslung.org/de/schweizer-aerosol-preis/preistraeger.html aufgelistet.

Die jährlichen Tagungen unter Leitung von Prof. Dr. Barbara Rothen-Rutishauser vom Adolphe-Merkle-Institut der Universität Fribourg und von Prof. Dr. Wendelin Stark von der ETH Zürich haben mitgeholfen, die Aerosolforschung und die Bekämpfung der Luftverschmutzung in der Schweiz zu fördern und – insbesondere auch während der Covid-Pandemie – wichtige Innovationen zu unterstützen.

 

Swiss TB Award

Die schweizerische Stiftung für Tuberkuloseforschung Swiss TB wurde 2001 mit dem Ziel gegründet, die Tuberkulose-Forschung speziell in der Schweiz weiter zu fördern. Denn obwohl diese Infektionskrankheit in der Schweiz mit noch etwa 500 Erkrankten jedes Jahr gut unter Kontrolle ist, ist die Tuberkulose weltweit immer noch die am häufigsten zum Tode führende Infektionskrankheit: Jedes Jahr erkranken 10 Millionen Menschen daran und sterben 1.6 Millionen an TB – 2021 sogar wieder deutlich mehr als vor der Corona-Pandemie.

Swiss TB vergibt deshalb jährlich einen mit 10'000 Franken dotierten Forschungspreis, der von Swiss Lung mitgesponsert wird.

 

 

3. Forschung und Innovation

Rauchen in Bahnhöfen

Für eine Pilotstudie zu diesem Thema wurde 2014 ein Startbeitrag bewilligt. Der Vorstand des Verbandes öffentlicher Verkehr hat darauf beschlossen, dass ab dem 1. Juni 2019 alle Schweizer Bahnhöfe rauchfrei werden. Das Rauchen ist seither nur noch bei den Zugängen zu den Bahnhöfen sowie in Raucherbereichen auf den Perrons erlaubt.

 

ETH- Nanopartikel-Konferenz in Zürich

Die jedes Jahr stattfindende internationale Konferenz bringt Ingenieure, Grundlagenforscher und an sauberer Luft Interessierte für drei Tage an der ETHZ zusammen. Dabei werden neben vielen Vorträgen auch Poster aus der ganzen Welt gezeigt. Swiss Lung finanziert dazu seit 2016 jeweils Posterpreise.

Die Konferenz, bisher unter der von Dipl.Ing. Dr. med h.c. Andreas Meyer, trägt dazu bei, dass Verbrennungsmotore dank Partikelfiltern „sauberer“ geworden sind und dass neue Messtechniken und Grenzwerte für Luftverunreinigungen in der Schweiz und weltweit gefördert werden. Zusammen mit Andreas Meyer und einer Motion von Frau Nationalrätin Tina Moser 2019 konnten wir auch bewirken, dass das BAFU und das ASTRA auch in der Schweiz auf 1.1.2023 die periodische Partikelanzahl-Messung für Fahrzeuge und Maschinen mit Strassenzulassung einführte. Im Rahmen der Abgasnachkontrolle von Dieselfahrzeugen durch die Zulassungsbehörden sowie durch die Polizei können damit defekte Partikelfilter schnell und zuverlässig erkannt werden.

 

Virenfilter im Labortest und ihre praktische Anwendung

Dank der Anschubfinanzierung durch Swiss Lung konnte bereits 2020 gezeigt werden, dass die in Dieselfahrzeugen verwendeten Partikelfiltern auch sehr erfolgreich für den Schutz vor Corona-Viren eingesetzt werden könnten. Daraus resultierten bereits praktische Anwendungen wie zum Beispiel in Schulzimmern (siehe dazu ein Video: https://www.nanocleanair.ch/video.html), in Intensivstationen, in Liftkabinen und wohl bald auch in Bussen und Zügen. Diese Innovationen werden jetzt vom BAFU weiter finanziert.

T. Rüggeberg, A. Milosevic, P. Specht, A. Mayer, J. Frey, A. Petri-Fink, H. Burtscher, B. Rothen-Rutishauser (2021) A versatile filter test system to assess removal efficiency for viruses in aerosols. Aerosol and Air Quality Research, doi.org/10.4209/aaqr.210224

 

Digitale Polleninformation in Echtzeit

Mit einer Forschungszusammenarbeit der Fachhochschulen Bern und Luzern sowie des USZ auf diesem Gebiet wurde von Ally Science auf der Basis der aha-App ein Pollen-Informationsprogramm erarbeitet und von Swiss Lung mit 20'000 Franken unterstützt. Damit soll in den nächsten Jahren von MeteoSchweiz, welche heute bereits das Nationale Pollenmessnetz betreibt, eine digitale Polleninformation mit einer stündlichen Auflösung als Weltneuheit in Betrieb genommen werden: statt täglicher Mittelwerte, die erst nach einer Woche zur Verfügung stehen, werden die Daten in Zukunft stündlich und in Echtzeit verfügbar sein.

 

Lungentransplantation – Experimente mit Ratten in Unterdruckkammer

Prof. Ilhan Inci von der Thoraxchirurgie des Universitätsspitals Zürich erhielt seit 2017 Beiträge für seine Experimente an Ratten statt an Schweinen zur Verbesserung von Lungentransplantaten vor dem Einbringen in den Empfänger. So können Experimente mit grösseren Tieren wie Schweinen erfolgreich vermieden werden. Diese Experimente dienen dazu herauszufinden, ob bei dem grossen Spendermangel in der Schweiz auch menschliche Spenderlungen weiterverwendet werden könnten, welche zum Beispiel bei Rauchern bereits etwas „gelitten“ haben.

2020 erhielt Ilhan Inci für die längere „Aufbewahrung“ von Spenderlungen vor der Transplantation erneut einen Beitrag von uns. Mit seiner neu konstruierten, kleinen Unterdruckkammer für Versuchstierlungen, sollte es möglich werden, diese statt nur wie bisher etwa 6 Stunden, in seinem Labor über 12 Stunden lang lebensfähig zu erhalten.

 

Asthma bronchiale – Diagnose aus der Atemluft

Anirban Sinha PhD, ein Mitarbeiter von Prof. Urs Frey vom Kinderspital in Basel, erhielt 40'000 Franken zur Weiterführung eines vorher teilweise von der Lungenliga Schweiz gesponserten aussichtsreichen Projekts zur Voraussage von Verschlechterungen eines Asthma bronchiale durch Messungen in der Ausatemluft.

Es bestehen grosse Hoffnungen, dass dank sogenannten «elektronischen Nasen» in der ausgeatmeten Luft Substanzen gemessen werden können, welche nicht nur die Diagnose, sondern auch den Verlauf einer Asthmaerkrankung oder einer Virusinfektion für den Patienten insbesondere für Kinder weniger belastend nachweisen lassen.

 

 

4. Sachbuch-Publikationen

 Die folgenden Buchprojekte wurden mit Fördermitteln von Swiss Lung publiziert:

  • Elsasser KT, Grass A.: Drei Weltrekorde am Gotthard; Hier und Jetzt, Baden, 2016
  • Schürer Christian: Der Traum von Heilung: Eine Geschichte der Höhenkur zur Behandlung der Lungentuberkulose; Hier und Jetzt, Baden, 2017
  • Laganà-Coelho M: Zurück ins Leben – der Weg einer jungen Mutter zu mehr Luft; Stämpfli Bern 2022 (über Lungentransplantation)
  • Brändli O: Der Zauberberg in Wald – die Zürcher Höhenklinik Wald 1977-2003; Ed. Königstuhl 2023 (erschienen im März 2023)
  • Suter Paolo (ed.): Umweltprobleme in Afrika (in Vorbereitung)

Swiss Lung finanzierte auch die Publikation der Broschüre «Luftverschmutzung und Gesundheit» von Prof. Nino Künzli in deutscher Sprache und einen Bericht der amerikanischen Lungenärzte über die Folgen der globalen Erwärmung «Climate Change and Human Health» entscheidend mit.

 

5. Andere Unterstützungen

So wurde die Entwicklung und Anschaffung eines Messgeräts für ultrafeine Nanopartikel bewilligt, mit welchem die unsichtbare Gefahr ausgehend von Dieselmotoren ohne Partikelfilter besser sichtbargemacht werden kann.

Auf Anregung von Dr. Langloh wurde ein Rahmenkredit für die medizinische Betreuung von lungenkranken Sanspapiers ohne Krankenkasse in Zürich gesprochen.

Ebenfalls von Dr. Langloh vermittelt, konnten wir die „Retter aus der Luft“ für ihre humanitären Rettungs- und Transportflüge in der Schweiz und im Ausland mit einem Beitrag unterstützen.

 

Die Erfolgskontrolle unserer Vergabungen

Unseres Wissens tut sich auch der Schweizerische Nationalfonds schwer damit, zu prüfen, wie erfolgreich seine Fördermittel eingesetzt werden. Für uns sind Abschlussberichte und Publikationen oder Bücher allein noch keine ausreichenden Erfolgskriterien. Wir möchten beurteilen können, ob die Unterstützung auch die Karriere – und das weitere Leben – des Empfängers günstig beeinflusst hat. Und ob sie auch Verbesserungen für Patienten oder die Umwelt oder sogar eine Innovation oder ein Produkt bewirkt hat. Dies ist jedoch nicht leicht messbar...

Nun, immerhin haben alle von Swiss Lung unterstützen Medizinalpersonen eine erfolgreiche Karriere hinter sich und sind weiterhin als akademische Lehrende oder am Krankenbett tätig. Einige der unterstützten Projekte haben sich heute verselbständigt, wie das Lungenärzte-Trainingsprogramm EATI in Äthiopien, was für Afrika nicht selbstverständlich ist. Neben den erfolgreichen Buchprojekten sind auch neue Produkte entstanden, wie das Polleninformationssystem von MeteoSchweiz oder das Nanopartikel-Messgerät Partector.

Die nationale ebenfalls von Swiss Lung mit unterstützte «Volksinitiative zum Schutz der Kinder vor Tabakwerbung» wurde zwar vom Volk angenommen, allerdings leider bis heute noch nicht in ein griffiges Gesetz gegossen.

 

Unsere Zuwendungen

Unserer Stiftung wurden anfänglich vor allem von Otto Brändli sowie durch Trauerspenden und einige Einzelspenden die meisten Mittel zur Verfügung gestellt, insgesamt 787‘000 Franken.

Dank der Fusion mit der Hannah Lasch Stiftung kamen 2003 315‘883 Franken und 2012 von der Fondation Madrugada 50‘000 Franken dazu. Vom Nachlass von Lina Leimgruber bekam unsere Stiftung 2012 weitere 24‘025 Franken. Besonders erfreulich war, dass Werner Leibold, der Gatte einer von Otto Brändli ärztlich betreuten Lungenpatientin, in seinem Testament 2022 Swiss Lung mit 369‘200 Franken bedachte:

Werner Leibold am 9. Oktober 2009 im Restaurant Uniturm

Werner Leibold am 9. Oktober 2009 im Restaurant Uniturm

 

Seit 2018 erhält Swiss Lung verdankenswerterweise auch jedes Jahr einen Beitrag von der Carl und Mathilde-Thiel-Stiftung, ohne Zweckbestimmung. Als für das Forschungsprojekt in Kirgistan zweckbestimmte Zuwendungen flossen bis 2022 der Swiss Lung bisher zusätzlich 79'000 Franken von der Löwenstein Medical Schweiz AG und von Hans von Mandach zu.

Bis Ende 2022 konnte Swiss Lung damit über insgesamt mehr als 1,5 Millionen Franken Spendengelder verfügen, sowie zusätzlich über die damit erwirtschafteten Vermögenserträge.

So konnten viele Personen und Projekte unterstützt werden, ohne zusätzliche teure Spendenaquisition und ohne Mitarbeitende.  Denn dank unseren ehrenamtlichen   Stiftungsräten hat die Stiftung einen sehr niedrigen Verwaltungsaufwand. Letzterer wird nur durch die vorgeschriebene professionelle Revision und immer kompliziertere staatliche Stiftungsaufsicht sowie durch Bankspesen verursacht.

 

Verfasst von Dr. Otto Brändli, Juni 2023

Download: pdf35-Jahre-Lungenstiftung-Taetigkeitsbericht-12.06.2023.pdf1.01 MB

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